Zum Begriff allgemein:
Neben der Beseitigung von z.B. etwas Geschriebenem, steht das Verb ‘löschen’ auch in Verbindung mit „Durst“ – den wir bekanntlich mit einem kühlen Bier löschen können. Löschen geht auf das Niederhochdeutsche (nhd.) (er)lëschen zurück und meint das ‘Aufhören des Brennens‘ oder ‘erlöschen machen‘ (wobei ‘erlöschen‘ ursprünglich ‘sich legen‘ meint; vgl. Kluge, etymologisches Wörterbuch; 1975). Der Ur-Zusammenhang von Feuer und dessen Beseitigung mittels Wasser ist daher semantisch eindeutig. Heutzutage wird aber nicht jedes Mal “Wasser” zum Löschen benötigt, sondern z.B. nur ein kleiner Tastendruck (sonst würden sicher täglich ganze Meere benötigt, um die fehlerhaften Texte im PC zu „löschen“).1
Das Partikelverb ‘ab‘ in ab-löschen meint und betont den besonderen, kleineren Anteil vom Vorgang des Löschens.
Zum Begriff allgemein:
Neben der Beseitigung von z.B. etwas Geschriebenem, steht das Verb ‘löschen’ auch in Verbindung mit „Durst“ – den wir bekanntlich mit einem kühlen Bier löschen können. Löschen geht auf das Niederhochdeutsche (nhd.) (er)lëschen zurück und meint das ‘Aufhören des Brennens‘ oder ‘erlöschen machen‘ (wobei ‘erlöschen‘ ursprünglich ‘sich legen‘ meint; vgl. Kluge, etymologisches Wörterbuch; 1975). Der Ur-Zusammenhang von Feuer und dessen Beseitigung mittels Wasser ist daher semantisch eindeutig. Heutzutage wird aber nicht jedes Mal “Wasser” zum Löschen benötigt, sondern z.B. nur ein kleiner Tastendruck (sonst würden sicher täglich ganze Meere benötigt, um die fehlerhaften Texte im PC zu „löschen“).1
Das Partikelverb ‘ab‘ in ab-löschen meint und betont den besonderen, kleineren Anteil vom Vorgang des Löschens.
Fachliche Aspekte zum Ablöschen
Bei der Herstellung brauner Ansätzen, wie z.B. den von Soßen, Gulasch oder braunen Ragouts, wird ein Arbeitsschritt angewendet, den der Koch als Ablöschen bezeichnet. Dieses Angießen einer Flüssigkeit soll die hohen Temperaturen bei einem braunen Ansatz schlagartig auf 100° C runterkühlen, damit sich der anhaftende Bodensatz löst, die Gefahr des An- oder Verbrennens abgewendet wird. Bei braunen Ansätzen liegen die Temperaturen (weit) über 100°C, da erst bei diesen Energiestufen die gewünschten chemischen Veränderungen (die Herstellung von Röststoffen) schnell genug ablaufen (können). Diese Röststoffe (Melanoidine / Melanoide) können nur dann entstehen, wenn sich an den „Grenzflächen“ (die eigentliche Röstzone) kein freies Wasser mehr befindet. Da z.B. Fleisch, das man rösten will, etwa zu 70% Wasser (Zellflüssigkeit) besteht, werden sehr hohen Temperaturen benötigt, um (kühlendes) von innen nachfließendes Zellwasser (durch den erhöhten Innendruck) außen sofort verdampfen zu lassen. Dann erst steigen die Temperaturen über 100°C und der Röstvorgang beginnt. So ab 140°C beschleunigen sich die Bräunungreaktionen, besonders auch auf dem Pfanneboden, denn die aus der Zellflüssigkeit stammenden Eiweiße, wie Albumine und Globuline (sind kolloidal = tröpfchenförmig aufgebaut), haben sich am Boden des Röstgefäßes verteilt und werden nun mittels hoher Temperaturen molekular regelrecht zersprengt (bis auf ihre primären Aminosäuren-Strukturen). Chemisch komplizierte Prozesse (Maillard-Reaktion), bei denen vor allem H2O-Moleküle aus ihren Verbindungen gerissen werden (Polykondensation), lassen neue aromatische Verbindungen entstehen (hierzu:http://de.wikipedia.org/wiki/Maillard-Reaktion). Dieser technologische und chemische Aufwand fördert vor Allem auch die Bildung sog. Beta-Carboline; und um die geht es bei allen Bräunungsvorgängen (ob Bratkartoffeln, Brotrinde, Kaffee, Gebäck etc.), denn sie haben eine opioide Wirkung (sind hirnchemisch wirksam) und verbessern nachweisbar unser Körperempfinden und unsere Stimmung.
Kommen wir noch einmal auf die Ausgangsfrage nach der zweckvollsten Flüssigkeit zurück, mit der wir ablöschen (können). Zur Auswahl stehen „neutrales“ Wasser, aromatisiertes Wasser (wie z.B. Fond, Grandjus), Wein, aber auch Bier (Milch scheidet aus, es bildet hautartige Eiweiß-Fett-Verbände, die bei den hohen Temperaturen auf der Stelle an- und verbrennen würden). Alles sind also Flüssigkeiten, die (bis auf das normale Leitungswasser) verschiedene gelöste Stoffe/Verbindungen enthalten [Salze, Aminosäuren, aromatische Verbindungen wie Polyphenole (Gerbstoffe, Farben), Alkohol, Fettanteile u.a.m.]. Neben dieser gelösten Aromafracht sticht eine Komponente insbesondere bei Weinen hervor: die Säure! Ihr pH-Wert schwankt etwa zwischen 3 und 4. Warum ist nun dieser Säureanteil beim Ablöschen von Bedeutung?
Die Säurewirkung auf Bindegewebe
Nicht die gebräunten Flächen der Knochen oder des Fleisches sind für die spätere Braunfärbung der Flüssigkeit entscheidend, sondern die globulären gelösten Eiweiße, die sich wie unzählige kleinste Perlen auf dem Topfboden stapeln und geröstet werden. Exakt um sie geht es – genauer: Ihre Menge, denn diese ist für das Gesamtaroma (mild oder kräftig) entscheidend! Je mehr gelöste Eiweiße vorhanden sind, desto gehaltvoller wird das Aroma der Soße bzw. des braunen Fonds. Sind von ihnen ein oder zwei Prozent mehr vorhanden, ist das bereits bedeutend. Selbst wenn es weniger als 1% zusätzlicher gelöster Eiweiße wären, heben sie dennoch den Gesamteindruck (vergleichbar mit einer Prise Salz, die den „letzten Schliff“ gibt, die optimale Fülle bewirkt). Hierbei kann die milde Säure des Weines mitwirken. Warum?
Säure lockert und quillt Eiweiße (siehe Magensäure), weil Protonen (Wasserstoff-Ionen – eigentlich H3O+-Ionen – Maß der Säuren) die Bindungskräfte (Wasserstoffbrücken-Bindungen) der Eiweißstrukturen aufbrechen. In der Mikrostruktur von Muskelfasern, Haut und Sehnen befindet sich verdrilltes Kollagen (das Eiweiß des Bindegewebes), das (in natürlicher Form) wasserunlöslich ist. Das muss auch so sein, weil sich ja sonst die Muskeln aufgrund der eigenen Zellflüssigkeit auflösen würden. Kollagen mag aber keine Säure, denn sie kann die schraubenartigen Verdrehungen der Eiweißfasern entwirren und Wassermoleküle eindringen lassen (ein Quellvorgang – Stichwort: Muskelkater!). Zuerst entsteht dabei Proto-Kollagen (eine Art gequollenes Bindegewebe); dann, bei weiterer Anlagerung von Wassermolekülen, entsteht Gelatine. Und die ist nun löslich (wie wir aus der Alltagspraxis wissen)! Mit anderen Worten: Wir können aus den Knochen- und Fleischanteilen durch das Ablöschen mit Wein die Löslichkeit bestimmter Eiweiße verbessern. Die Säure unterstützt den Quellvorgang, den Übergang von Bindegewebe in Gelatine.2
Dieser Quellvorgang verläuft natürlich auch – Molekül für Molekül – während des Siedens mit „neutralem“ Wasser, sonst gäbe es keinen Geliereffekt bei einer kräftigen, erkalteten Consommé. Nur, die gart bekanntlich bis zu vier Stunden. Soviel Zeit haben wir beim Rösten aber nicht. Offenbar wussten unsere Altvorderen, die gerne mit Wein abgelöscht haben, dass das Röstergebnis, das Profil damit verbessert werden kann. Eigentlich reicht ein guter Schuss (gleich zu Anfang), sonst dominieren die Aroma-Anteile des Weins das Gesamtaroma, überlagern das Profil des Primärstoffs.
Welche Flüssigkeit man zum Ablöschen wählt, richtet sich nach der Speise (deren Aroma und Farbe). Rotwein eignet sich zu „dunklem“ Fleisch, dass sich auch aromatisch durch das Weinprofil nicht unterkriegen lässt – die Aromen ergänzen sich sogar (ein erwünschter Synergieeffekt). Bei hellem, milderem Fleisch (z.B. Geflügel) empfiehlt sich bei einem Röstansatz natürlich eher Weißwein (er hat weniger Tannine = herbe Gerbsäuren) und bewahrt die helle Farbe. Auch Biere (pH-Werte zwischen 4,5 und 5) oder Bier-Marinade und Dunkelbier eignen sich zum Ablöschen (z.B. zu kräftigen Rinderschmor-gerichten). Das Hopfenprofil verstärkt die „bittere“ Note der Röststoffe. Verwendet man Grandjus zum Ablöschen, heben die darin gelösten Eiweiße das Gesamtprofil.
Nachtrag:
Jede Zugabe von Fleisch (oder Knochen) in das erhitzte Fett führt unweigerlich zu dessen Abkühlung (da das Fleisch etc. aus dem Kühlhaus kommt und wie kleine “Eiswürfel” wirken). Physikalischer Grund: Die kinetische Energie der Fettmoleküle (deren starke Eigenbewegung/Schwingweite bei 180°C) prallt auf die Oberfläche der kühlen, dicht beeinander liegenden, sich nur langsam bewegenden Moleküle, z.B. die der Knochen. Folge: Die heißeren Moleküle leisten Arbeit, indem sie ihre Bewegungsenergie auf die Molekülverbände der kalten Knochen übertragen und diese ebenfalls in schnellere Bewegungen versetzen, sie wie beim Billard unablässig anstoßen. Diese “Anregungsarbeit” vermindert ihre eigene Schwingungsstärke (die Fettmoleküle werden nach und nach ausgebremst) und führt zur Abkühlung.
Wenn nun aber die Moleküle der Knochen – oder bleiben wir mal beim Fleisch – selber anfangen wie wild rumzutanzen, dann brauchen sie in der Zelle mehr Platz als vorher (deshalb steigt der Innendruck im Fleischmuskel), so dass an den Öffnungen der Zellen (an den Schnittstellen) Fleischsaft nach außen tritt; durch die ständige Energiezufuhr erhöht sich trotzdem der Innendruck weiter, bis schließlich alles freie Gewebewasser ausgetreten ist.
Dieses austretende “Wasser” kühlt natürlich ständig das Fett, weil zu seiner Verdampfung (das Zerreißen der Wasserstoffbrückenbindungen) Energie verbraucht wird. Da aber von der Herdplatte (früher waren das glühende Eisenringe) ein Orkan an Molekülschwingungen an das Fett gelangt, ist die zugeführte Energie höher, als bei der Verdampfungsenergie verbraucht wird. Das hat zwei Folgen:
1. Die Temperatur steigt
2. Die im (inzwischen verdampften) Gewebewasser vorhandenen globulären Eiweiße bleiben auf dem Topfboden zurück (sie verdampfen nicht) und werden zunehmend “erhitzt”. Dabei werden sie molekular umgebaut (Wassermoleküle werden abgespalten = Polykondensation), was sich gut beobachten lässt: sie bräunen.
Und damit am Anfang des Röstens der “Abkühlungseffekt” nicht zu stark wird (das führte zum “Fluten” des Topfbodens mit Zellflüssigkeit und wäre dann ein Kochen), erhitzt man das Fett vorher möglichst hoch (etwa auf max. 200°C – bis es Schlieren bildet (rauchen darf es niemals, weil sich dann Acrolein bildet, das ein potenter Krebsbildener ist). Auch achtet man darauf, dass die Knochen-/Fleischmenge nicht zu groß ist (zu viele “Eiswürfel”!), die man rösten will (nur eine einzige “Lage” ist erlaubt). Beachtet man diese beiden Größen, entstehen keine “schwarzen” Eiweiße.
1 In früheren Zeiten hatten die Menschen noch einen geringeren Wortschatz, den sie vermutlich auch auf Vergleich-bares, auf etwas „anders Gemeintes“ übertrugen, nämlich im Sinne von: „genauso wie …“! Vorausgesetzt für das Verstehen des Wortes war aber, dass der im Wort liegende Bezug zum ursprünglich Gemeinten noch erkennbar war. Feuer lässt sich in der Regel nur mit Hilfe von Wasser (Regen) schnell und vollständig löschen, indem es auf die Flammen oder die Glut gegossen wird. Wenn wir trinken wird Wasser in den Körper „gegossen“, wodurch sich die Parallele zwischen „Feuerlöschen“ und „Durstlöschen“ mittels Wasser geradezu aufdrängt.
Wie und wann sich Löschen mit Wasser auch auf die Beseitigung von Durst semantisch ausdehnte, wissen wir nicht. Ein Zusammenhang darf jedoch vermutet werden, da unser vergleichbar „nagendes/brennendes“ Verlangen nach Nahrung (feste Substanzen!) eben nicht „gelöscht“, sondern „gestillt“ wird.
2 Wenn wir Blattgelatine in kaltem Wasser einweichen, wird sie weich und geschmeidig. Geben wir einen Tropfen Essig dazu, löst sie sich auf (natürlich auch in heißem Wasser). Spätestens an diesem „kalten“ Experiment lässt sich die „Lösungskraft“ von Säure auf bestimmte Fleischeiweiße veranschaulichen. Auch bei der Reifung finden in der Mikrostruktur der Muskelfasern Quellvorgänge statt, die durch die Milchsäure bewirkt wird. Sie führt zu einer Umverteilung des freien Gewebewassers in das Bindegewebe (Kollagen), es quillt, das Fleisch wird mürbe.
10.07.2014, 11:42 von Günther Henzel | 34250 Aufrufe
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